Aus der Perspektive des Mädchens Charlotte werden wir mitgenommen in ihr Leben, begleiten sie ein Stück beim Aufwachsen mit der „Billigsdorfer-Mentalität“ der Mutter, in einer österreichischen Kleinstadt und ganz ohne Vater, dafür mit zwei älteren Halbgeschwistern. Nach einer Gehirnblutung der Mutter kippt die Familie vollends in die Armut, die Mutter schleicht nur mehr herum – »Geisterleben« nennt Charlotte das und beobachtet sie weiterhin eher aus der Distanz.
Großartig sind die Dialoge, die geerdete Sicht des Mädchens, die pointierte Wiedergabe alltäglicher Dinge. Das ergibt ein stimmiges, einfühlsames Debüt, das wie nebenbei das Thema „soziale Klasse“ aufarbeitet.
„Nacktschnecken“ von Annemarie Andre ist bei Müry Salzmann erschienen.
Annemarie Andre
Nacktschnecken
Müry Salzmann, 220 S.