Das ist auch wirklich schon alles, worum es geht – und ja, es braucht GEDULD für diesen außergewöhnlichen, und: zugegeben doch recht ereignislosen Roman. Die Geduld lässt sich aber leicht finden, denn die Sätze sprühen und funkeln beim Lesen. Brown formuliert extrem klare Gedanken, sie weiß ihre Erinnerungen und ihre Sehnsüchte in präsizen Bildern festzuhalten, daraus entsteht eine wunderschöne Parallelität zum Inhalt und zu den Sonetten selbst.
Da finden sich Sätze wie: Der Zufall war so schön, dass sie sich fragen musste, ob sie ihn selbst herbeigeführt hatte. Und während Annabel sich also abmüht, ein geeignetes Thema aus den Sonetten zu destillieren, ihre »Ziffernblätter namens Körper und Geist« auf deckungsgleich zu bringen, blitzen – nicht nur aufgrund der Liebes-Sonette – sexuelle Fantasien in ihr auf, es fällt ihr immer schwerer, sich auf das Geistige zu konzentrieren, der Körper fordert seinen Tribut.
Übung, erschienen im Blessing-Verlag, ist ein herrliches Meta-Buch über das Lesen, über das Dranbleiben an schweren Texten, über die Disziplin, die Körperbeherrschung und zugleich die wiederum körperlichen Sehnsüchte, die es auslöst. – Und zugleich auch eine wunderbare Übung, das Alltägliche und das Hier und Jetzt besser wahrzunehmen.„Übung“ ist ein Roman voller Sehnsucht, voller Liebe zum Lesen, voller Ruhe und Beobachtungsgabe.
Übung
v. Rosalind Brown
Blessing Verlag