Der Predigersohn Sam Cooke ist Zu Beginn der 50-er Jahre mit seinen Soul Stirrers ein Fixstern in der Gospel-Szene. Die Herzen der Kirchengemeinde hat er mit Songs wie "Jesus gave me water" erobert, die nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch in der Tradition des Gospel stehen. Doch Cooke will ein breiteres Publikum erreichen, und veröffentlicht zuerst unter Pseudonym, dann unter seinem eigenen Namen Songs, die den Blick statt gen Himmel auf die Erde richten. Dabei merkt man seiner Musik formal immer noch die Herkunft aus dem Gospel an, auch wenn sie von Herzen den R’n’B umarmt.
Ziemlich genau umgekehrt liegt die Sache bei Ray Charles. Der im Alter von sieben Jahren erblindete Pianist und Sänger beginnt seine Karriere als R’n’B Musiker. Doch als der damals noch weitgehend getrennte weiße Musikmarkt sich den R’n’B anzueignen beginnt, und daraus Rock n Roll macht, kommt seine Karriere ins Stocken.
Erst als er Gospel-Elemente in seine Musik integriert, findet er zu seinem unverwechselbaren Stil. Und der entsteht quasi vor Live-Publikum. Jedes mal, wenn Ray Charles bei seinen Auftritten zu Beginn der 50-er Jahre ein Set beendet hat, beginnt er noch herumzuimprovisieren. Gemeinsam mit seinen Background-Sängerinnen bildet sich ein Call-and-Response heraus, aus dem schließlich der Song What I’d say wird, eine Synthese aus R’n’B und Gospel. Oder kurz: Soul.
Der Werdegang von James Brown dagegen ähnelt eher wiederum dem von Sam Cooke. Der Godfather of Soul beginnt als Gospel-Sänger in Georgia, bevor er sich einer R’n’B-Formation anschließt, aus der seine kongeniale Band "The Famous Flames" hervorgehen sollte. Bevor er mit ihnen die Funk-Musik erfindet, und damit seinen unverkennbarsten Beitrag zur Musikgeschichte leistet, prägen sie in den 60-ern auch wesentlich die Soulmusik mit.
Sam Cooke, Ray Charles and James Brown haben also die Soulmusik erfunden, indem sie mit R’n’B und Gospel zwei Stile zu etwas Neuem verschmolzen haben.
Johannes Rhomberg