1973, irgendwo in Belgien: Paare tanzen in Ballräumen zu Soul, Ska und obskuren R&B-Platten – allerdings im falschen Tempo. Düster, elegant, exklusiv. Das ist die belgische Popcorn-Szene. Entstanden Ende der 60er in Ostende, wurde der Sound 1969 im Café Popcorn bei Antwerpen groß. DJs wie Freddy Cousaert und Gilbert Govaert pitchten alte Soul-, Ska- und Rhythm-&-Blues-Platten langsamer, damit der „Slow-Swing“-Tanzstil passte. Schon bald kamen Tausende zu den wöchentlichen Partys – so viele, dass sogar auf Parkplätzen getanzt wurde.
Popcorn war keine eigene Musikrichtung, sondern eine Subkultur, geprägt von DJs und Tänzer:innen. Von R&B über Soul bis zu Latin oder Broadway war alles erlaubt – solange es in das spezielle, schläfrige Tempo passte. Popcorn-Partys boten außerdem einen der ersten Räume, in denen auch gleichgeschlechtliche Paare offen tanzen konnten.
Die Szene blieb fast ausschließlich auf Belgien beschränkt. Während in England Northern Soul boomte, entwickelte sich hier das eigenwillige „Belgian Popcorn“. Nach rund zehn Jahren flaute der Hype ab – doch der Sound gilt bis heute als eine der letzten echten Underground-Bewegungen Europas.