CLUB KULTUR | Folge #140 | DER ARTIKEL ZUM PODCAST
„Der ganze Spar tanzte“
Wien, 07. August 2025
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CRUEL SUMMER
Das Paradiesgarten Festival 2025 ist Geschichte. Und wie jedes Jahr stellt sich die Frage: War’s schön? Ja. War’s trocken? Natürlich nicht. Während sich das Gelände rund um das barocke Schloss Prugg erneut in ein elektronisches Feenland verwandelte, verwandelten sich Sneakers in Morastfänger und Outfits in Feuchtraumtextilien. Vor allem der Samstag fiel meteorologisch ins Wasser – oder besser gesagt: in den Gatsch. Wer da nicht gut vorbereitet war, bekam spätestens am Montag Besuch von Halsweh, Schnupfen und Frust. Die anderen Tage? Wettertechnisch durchwachsen, immerhin. Sonntag – mit Charlotte de Witte als Gassenhauer-Garantin – war dann ordentlich voll.
Unterm Strich bleibt: Location top, Produktion top, Publikum entspannt und wetter resistent. Kein Drama, kein verirrter Technokrieger, keine Social-Media-Shitstorms. Nur Festival. Nächstes Jahr wieder – und diesmal vielleicht mit Wetter, das nicht aus der Hölle von Noahs Arche stammt.
WIEN WÄHRENDDESSEN: SOMMERLOCH MIT BEATS
Während in Bruck getanzt wurde, herrschte in Wien der saisonale Clubwinterschlaf – im August, wohlgemerkt. Indoor? Schwierig. Outdoor? Noch schwieriger. Der Regen ließ so manchem Veranstalter das Budget im Regen stehen, ganz ohne Metapher. Passend dazu veröffentlichte Time Out diese Woche ein globales Ranking der besten Städte für Nachtleben. Gewonnen hat Las Vegas. Danach Madrid, Paris, irgendwann Berlin. Und Wien? Nicht einmal unter den Top 30. Ich konnte mir ein lautes Lachen nicht verkneifen in Erinnerung an die Schilder an der Südosttangente, wo einst stand: „Tanzen wie in Berlin“. Heute tanzt man in Wien eher wie im Archiv.
Einer der Gründe: Der Clubbetrieb hierzulande ist selten nachhaltig. Und ich meine nicht CO₂ – ich meine kulturelle Nachhaltigkeit. Es bringt der Szene exakt gar nichts, wenn man Carl Cox für ein Wochenende in einen Edelbunker fliegt, ihn einen USB-Stick reinstecken lässt – und danach wieder alles beim Alten bleibt. Das ist kein Großdenken. Das ist Eventputz mit Glitzerfilter. Ein anderer Grund sind die teilweise absurd hohen Preise für teilweise erschreckend schlechte Qualität. Kein Wunder, dass die Jugend nicht mehr säuft, man kann sein Geld fürwahr besser einsetzen.
GLEIS 19 - BERICHT MIT BEIGESCHMACK
Nach meinem letzten Podcast zur Situation rund um Gleis 19 gab’s ein klein wenig Aufregung. Faktenlage: Die MA 36 war auf Besuch, der Sound war eines Sonntags deutlich leiser als sonst, und in den Medien wurde von „geschundenen Anrainern“ bis „überraschten Bezirkspolitiker:innen“ alles möglich berichtet, reißerisch, versteht sich. Ein kurzes Klarstellung - Interview mit dem Betreiber stand an – doch eine spontane Verkühlung machte den Termin zunichte. Wir holen das nach. Bis dahin bleibt: Ja, leiser. Ja, es findet weiterhin alles statt. Nein, es gibt keine Tragödie. Mehr dazu beim nächsten Mal.
BAR ALS NEUE BÜHNEN - DIE UNTERSCHÄTZTE LIGA
Widmen wir uns heute einem charmanten Nebenschauplatz der Clubkultur: jenen Orten, die gar keine Clubs sind, aber trotzdem Musik (und DJs) wollen. Die Rede ist von Bars, Rooftops, Hotelterrassen, Strandbars und anderen semi-noblen Plätzen, an denen der Sundowner wichtiger ist als der Subbass. Hier tritt oft auf, wer vom Clubbetrieb müde ist oder aus ihm verdrängt wurde – von einer nachdrängenden DJ-Generation mit Insta-Ready-Attitüde und TikTok-Karriereplan. Aber auch aufstrebende Djs mit Karriereplan finden hier ihren Platz. Doch unterschätzen sollte man diese Gigs nicht: Wer hier auflegt, braucht mehr als nur einen gut sortierten Stick. Hier wird selektiert, antizipiert, improvisiert. Und zwar auf Niveau.
Immer mehr gehobene Betriebe investieren daher in DJs – fürs Aperitivo-Gefühl, den Business-Brunch, oder jenen magischen Moment, wenn aus einem Dienstagabend plötzlich ein Filmriss wird. Die Musik soll nie nerven, sondern gewinnen, und vor allem - nie der Selbstdarstellung gereichen. Einer, der diesen Wandel früh erkannt hat, ist mein heutiger Gast: Michael Pachler, besser bekannt als DJ Landgraf – Gründer der Agentur Roadmusic, ein Mann mit Netzwerk, Weitblick und klarer Haltung. Einer, der versteht, dass Clubkultur auch ohne Club passieren kann. Aber mehr hört Ihr, wenn Ihr hört.
Die nächste Ausgabe gibt's in zwei Wochen am 21. August 2025.
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