CLUB KULTUR | Folge #099 | DER ARTIKEL ZUM PODCAST
„Das Clubleben ist kein Ponyhof - oder doch?"
Wien, 11. Jänner 2024
SILVESTER, EINE RÜCKSCHAU
Wie jedes Jahr herrschte auch heuer zum Jahreswechsel reger Betrieb. Der Silvesterpfad war wieder voll, wie zu Vor-Pandemiezeiten und Taxis zumeist rar. Die Clubs durften zufrieden bilanzieren, ab 2 Uhr gab es überall großen Andrang und gefeiert wurde wie immer bis weit in den Neujahrstag hinein. Nur die Tage davor und danach laufen seit einigen Jahren eher mau, was früher auch anders war. Trotz der vollen Stadt geben die Leute ihr Geld selektiver aus. Womit wir schon beim nächsten Punkt wären.
2024 EINE (DÜSTERE) VORSCHAU
Einfacher wird es 2024 sicher nicht, das haben schon die Ereignisse am Jahresende gezeigt. Clubs strugglen am laufenden Band: So musste der Club Weberknecht Insolvenz anmelden. Zuletzt gab es im dortigen (großen) Keller zumeist Wrestling Events aber das Lokal ist bzw. war eine Institution und steht nun vor dem endgültigen Aus. Die "Pratersauna" bzw. eine in ihren Räumlichkeiten beheimatete Firma, die im Umfeld der Dots Group beheimatet war, meldete Insolvenz an, darauf hieß es vorschnell schon, die Sauna sei bankrott. Ist sie nicht, beteuern die Betreiber und verweisen auf Umstrukturierungen. Jedenfalls hörte und las man zuletzt von einigen Insolvenzen im Reich von Martin Ho, was zumindest nicht gerade optimistisch klang, aber der Betrieb soll laut Beteuerungen der zuständigen Personen fortgeführt werden. Programm gibt es jedenfalls und am Silvester platzten Sauna und VIE I PEE aus allen Nähten. Ich bleibe optimistisch. Daneben schlossen noch einige sehr beliebte Spots wie das „Heuer“ (vorübergehend) und die drei „Robertos“, das „Jolly Roger“ sperrte erst gar nicht auf und in der "Marxhalle" dürfen keine Raves mehr abgehalten werden. Dasselbe gilt (vorerst) scheinbar auch für das „Exil“ in Vösendorf, denn dort gebuchte Acts hätten ins Jolly wandern sollen. Hinter den Kulissen geht es also gerade rund. Ich halte Euch hier am laufenden.
NACHBAR IN NOT
Die Gründe für diesen Aderlass sind nicht nur beim lieben oder bösen Nachbarn zu suchen, sondern natürlich auch im Umstand, dass Leute lieber wieder privat feiern. Dj ist ohnehin gerade jeder und Homeparties sind oft lustiger und günstiger als teure Clubs, wo man oft nicht mehr genau weiß, was man bekommt, weil die Programmierung, gerade in den letzten Jahren zu oft einen Kniefall vor dem jungen Publikum gemacht hat. Lieber die Crew mit den fünfzig Freunden und mittelmäßigen Djs buchen, um zumindest die Umsätze zu halten, als ein kuratiertes Programm auf die Beine zu stellen, lautete allzu oft die Devise. Und einige Locations setzen ohnehin nur mehr auf musikalischen Studenten House-Edit Einheitsbrei Marke Purple Disco Maschine und Afterlife Banalohymnen, was unzählige, günstige geschmacksbefreite Djs bedienen können, deren Namen man außerhalb der Föhnwellen Bubble nicht kennt. Der Rest der Szene drängt sich, in dem, was von den Szeneclubs übriggeblieben ist. Und dort erledigt dann oft ein von Phantomgeräuschen geplagter Nachbar den Rest.
Wenn dann noch Clubs zu dämlich sind, ihre Notausgänge offenzuhalten und bei Kontrollen ertappt werden, dass einige Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllt werden, sinkt das Image noch weiter. „Tanzen wie in Berlin“ ist schon lange nicht mehr ein Leitspruch. „Zum Tanzen musst Du nach Berlin“, könnte stattdessen das Motto lauten, denn die Clubkultur gilt offenbar nicht als schützenswert - weder beim Wien Tourismus, wo man schon seit jeher auf Apfelstrudel und Schönbrunn setzt, noch bei der Stadt, wo man andere Sorgen hat. Wegen Superwahljahr warat´s. Und die Vienna Club Commission? Sendet brav Aussendungen, gründet Fokusgruppen und sieht sich als Beratungsstelle. Ich würde mir - persönlich - hier mehr Feuer wünschen. Aber wahrscheinlich kann man die Hand, die einen füttert, nicht beissen...
KEIN PONYHOF
Ist daher das Leben als Clubbetreiber. Zu all den geopolitischen Problemen, kommen also auch finanzielle Ängste, Publikumsschwund und nervige Anrainer. Kann in einem solchen Umfeld ein kleiner, privat geführter Club ohne Investorengeld überleben? Er kann, aber er braucht uns alle und einige gute Ideen, um Dinge umzusetzen. Der "Ponyhof" im erdigen Fünfhaus gilt hier sicher als Vorzeigemodell, wie ein kleiner Club auch in der Vorstadt bestehen und Akzente setzen kann, auch wenn dort nicht Charlotte de Witte oder Fisher gebucht werden. Ein kluges Awareness Konzept, offene Decks für Jedermann/frau unter der Woche und eine gute Soundanlage sind einige Benchmarks, auf die der Club setzt. Gegründet 2021, mitten in der Pandemie, von Laurent Koepp und seinen Partnern geht er nun ins dritte Geschäftsjahr. Zeit für ein Resümee.
LAURENT KOEPP & LAURA PLATZER
Sind meine heutigen Gäste im ersten Podcast 2024. Koepp war Teil des Kollektives Tanz durch den Tag, Mitveranstalter des legendären „Aufwind“ Festivals, Teil der Betreiber des alten „Cobenzl“ (vor dem Umbau) und Mitglied des Pilotteams der Vienna Club Commission. Er hat Höhen und Tiefen der Event Branche miterleben dürfen und arbeitet seit kurzem nun auch beim Team von Wolfgang Sauter und Pro Performance. Mit ihm kam Laura Platzer, die Clubmanagerin des Ponyhof ins Studio. Mehr hört ihr nur, wenn ihr reinhört!
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Die nächste Ausgabe gibt's in zwei Wochen am 25. Jänner 2024.
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Im Gespräch mit Crazy Sonic:
LAURA PLATZER & LAURENT KOEPP
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