Das Hampton House in Miami ist eines der Hotels, die zu dieser Zeit, in der die Rassentrennung noch Alltag ist, nur von Schwarzen besucht werden. In dem schlicht eingerichteten Zimmer mit der Nummer 38 trudeln die vier nach und nach ein. Da ist zum einen Cassius Clay, der sich durch seinen Sieg gegen Sonny Liston an eben diesem Abend zum Boxweltmeister gekürt hat, und nun zum ersten Mal so richtig im Rampenlicht steht; Jim Brown, der Footballstar, der mit einer Karriere als Filmschauspieler liebäugelt; und Sam Cooke, der zu dieser Zeit bereits auf dem Höhepunkt seiner Karriere ist. Drei Schwarze, die es geschafft haben, in einem Amerika, in dem solche Karrieren für Afroamerikaner noch viel unwahrscheinlicher sind als für den Rest der Bevölkerung. Das Bewusstsein, es allen gezeigt zu haben, glänzt in den Augen dieser drei, die vor allem eines wollen: Clays Sieg eine möglichst exzessive Partie widmen.
Und dann ist da noch Malcolm X. Der sich schon allein durch seine etwas hellere Hautfarbe von den anderen unterscheidet. Und wie Jim Brown im Film vermutet, dadurch vielleicht das Gefühl hat, sich nicht nur den Weißen gegenüber behaupten zu müssen, sondern auch innerhalb der schwarzen Community. Der vielleicht gerade deshalb beinahe zum Fanatiker des sozialen Gewissens wird, der einen zutiefst gerechten Kampf führt, aber zugleich der Hybris anheim fällt, er wäre der Einzige, der definieren darf, wie dieser Kampf geführt werden soll. Für Malcolm gibt es nur ein “mit uns” oder “gegen uns”, und die Karrieren der drei anderen sind für ihn nur Waffen im Kampf.
Gegen diese Instrumentalisierung wehren sich die drei anderen instinktiv, allen voran Sam Cooke, dem er vorwirft, sich an das weiße Publikum anzubiedern. Cookes Konter ist so clever wie historisch verbürgt. Er erläutert Malcolm genüsslich, wie er einen Song der Band “The Valentinos”, die bei seinem Label SAR Records unter Vertrag steht, gegen deren Willen an eine unbekannte britische Band namens “The Rolling Stones” verkauft hat. Und so jedes Mal daran mitverdient, wenn der Song “It’s all over now” über den Ladentisch wandert.
Ein Jahr später werden Malcolm X und Sam Cooke bereits tot sein. Der Kampf, den sie jeder auf seine eigene Weise geführt haben, hat dagegen eine universelle Seite, die bis heute lebendig ist. Ein spannendes Stück Zeitgeschichte, dem Kingsley-Ben Adir als Malcolm X und Leslie Odom jr. als Sam Cooke den darstellerischen Stempel aufdrücken.
One Night in Miami. Zu sehen bei Amazon Prime. Johannes Rhomberg