Man schreibt ja nur allzu gern über Geschichten, bei denen die Protagonisten Widerstände überwinden müssen. Die, die Quincy Jones überwunden hat, versetzen einen in Erstaunen. Er wächst in der South Side von Chicago auf, umgeben von Armut und Gewalt. Bis er elf Jahre alt, hat er noch nie einen Weißen gesehen. Als Kind muss er auch noch mit ansehen, wie die schizophrene Mutter in eine Zwangsjacke gesteckt wird.
Umso erstaunlicher ist die Beharrlichkeit, mit der er sich dort herausarbeitet. Bereits mit 19 ist er in der Jazz-Band von Lionel Hampton, und entdeckt dort sein Talent als Arrangeur. Er arbeitet in der Folge nicht nur mit Dizzie Gillespie sondern auch mit Ray Charles und Frank Sinatra, mit dem ihn eine große Freundschaft verbindet. Sinatra hilft dabei, den diskriminierenden Umgang mit schwarzen Musikern zu beenden, die damals etwa zwar in den glamourösen Hotels auftreten, danach aber in Hotels am Stadtrand geparkt werden.
Auch musikalische Grenzen reisst Quincy Jones nieder. Nicht nur im Jazz, sondern auch als Filmkomponist macht er bald von sich reden. Er kreiiert den Score für über 30 Filme, bis er 1985 von der Arbeit für „Die Farbe Lila“ so ausgelaugt wird, dass die Ehe mit seiner zweiten Frau Peggy Lipton daran zerbricht. Auch seine physischen Grenzen testet der Workaholic also immer wieder aus. Bereits im Alter von 41 Jahren hatte er nur knapp ein Aneurysma überlebt.
Als Produzent ist seine herausragendste Arbeit die mit Michael Jackson. Dessen Debüt „Off the Wall“ macht nicht nur Jackson zum Star, sondern auch Jones zum wichtigsten Produzenten dieser Ära. Gekrönt wird diese Phase mit dem Jackson-Album Thriller, das mit 60 Millionen verkaufter Einheiten bis heute das meist verkaufte Album überhaupt bleibt.
Regie geführt bei der Doku „Quincy Jones“ hat seine Tochter Rashida, der es auch wichtig war, die Person hinter dem öffentlichen Bild sichtbar zu machen. Diesem Vorhaben ist sie gerecht geworden. Ihre Doku über ihren Vater ist ein wunderbarer und tiefgehender Einblick in dessen Leben und sein Werk, der dem Zuseher die Legende Quincy Jones ein gutes Stück näher bringt. Zu sehen ist Quincy Jones auf Netflix.
Johannes Rhomberg