„Ein Gespenst geht um – Das Gespenst des Kommunismus“. Es ist schon über 150 Jahre her, dass Karl Marx den berümten Auftakt zu seinem Manifest geschrieben hat. 50 Jahre später explodiert im Hafen von Havanna das amerikanische Kriegsschiff USS Maine – der Beginn des Krieges mit den Spaniern, der zu Kubas formaler Unabhängigkeit führt. Und bereits damals spielt die Fiktion eine gewichtige Rolle. Denn die Amerikaner stellen die Explosion mit einem Modell in einer Badewanne nach, um die Kriegbegeisterung im eigenen Land zu schüren.
Weitere sechs Jahrzehnte später wird die von Fidel Castro zum Sozialismus bekehrt. Vom Erblühen der Insel, das sie zu Beginn dieser Ära erlebt hat, ist aber nichts mehr zu spüren. Dieses Gespenst geht nicht mehr als Bedrohung für den Kapitalismus um, gespenstisch ist eher die Gegenwart, wenn man die Bilder von Sauper sieht.
Er begleitet die Kubaner in oft assoziativen Bildern in ihrem Alltag zwischen verfallenden Kolonialbauten und kaputten Wasserpumpen. Und lernt ganz nah ein Volk kennen, das trotz schwieriger Gegenwart einen ungebrochenen Lebensmut ausstrahlt. Dem man aber auch anmerkt, wie tief es von der sozialistischen Propaganda geprägt ist. Die kubanische Führung scheint nur noch durch ihre Slogans präsent zu sein. Ein politisch nachhaltiges Projekt scheint es nicht zu geben, wenn man Saupers Geschichte sieht. Dafür den Tourismus, den Sauper als größeres Problem darstellt, als die Mangelwirtschaft. Denn mit ihm kommen nicht nur Devisen, sondern auch der Sextourismus auf die Insel.
Hubert Sauper ist ein sehr persönliches und entschleunigtes Portrait der Karbikinsel Kuba gelungen. Mag sie auch die letzten 150 Jahre immer nur als Spielball großer Mächte im Zentrum gestanden sein: aus dem fiktiven Volk werden hier viele kleine Mittelpunkte.
Epicentro. Ab 4.6. im Kino. Johannes Rhomberg