1972 hat Aretha Franklins kometenhafter Aufstieg bereits elf Nummer-1-Hits und die Krönung zur Queen of Soul gezeitigt. Da beschließt sie, für ein Album zu ihren Wurzeln zurückzukehren. In der Missionary Baptist Church in Los Angeles soll an zwei Abenden vor Publikum ein Live-Album aufgenommen werden, das aus traditionellen, neu arrangierten Gospels besteht.
Begleitet wird Aretha Franklin dabei vom Southern California Community Choir und Reverend James Cleveland an Piano und Vocals, der mit lachsfarbenem Zweiteiler und launigen Ansagen durch die Session führt. Die Rhythm Section wird von niemand geringerem als Bernard Purdie an den Drums sowie Chuck Rainey am Bass gebildet.
Das Album erscheint im Juni 1972 und wird nicht nur zu Aretha Franklins kommerziell erfolgreichstem Album überhaupt, sondern auch zum meist verkauften Gospel Album bis zum heutigen Tag. Dass der Film erst letztes Jahr fertig gestellt worden ist, und jetzt ins Kino kommt, liegt an einem technischen Faux Pas. Regisseur Sydney Pollack vergisst bei der Aufnahme auf die Klappe, weshalb Bild und Ton nicht synchronisiert werden. Das Material verschwindet in den Archiven von Warner Bros, bis der Produzent Alan Elliot es herauskramt, und den Film fertigstellt.
Er zeigt nicht nur Aretha Franklin auf dem Höhepunkt ihrer stimmlichen Qualität, sondern auch die lebendige Beziehung der Kirchengemeinde zu ihrem musikalischen Erbe. Und fängt ganz nebenbei im Publikum einen gewissen Mick Jagger ein, den der Besuch nachhaltig beeindruckte, wie auf dem Stones-Album Exile on Main Street zu hören ist. Was Soul bedeutet, bedarf nach diesem Film höchstens noch der Erläuterung, aber keiner weiteren Erklärung.
Aretha Franklin: Amazing Grace. Ab 29.11. im Kino. Johannes Rhomberg