Afrika ist für Hae-Mi Sehnsuchtsort, die Reise dorthin soll zum Selbsfindungstrip werden, wie sie Jong-Su schon bei ihrem ersten Treffen vorschwärmt. Jong-Su und Hae-Mi sind unter ärmlichen Verhältnissen in der südkoreanischen Provinz Paju aufgewachsen. Jong-Sus einzelgängerischer Vater ist gerade mit den Behörden in Konflikt, darum muss Jong-Su kurz nach Hae-Mis Abreise nach Afrika auf den elterlichen Bauernhof zurückkehren.
Als Hae-Mi nach Hause kommt, ist Jong-Su aber sofort zur Stelle. Doch sie ist nicht allein. Ben ist bei ihr. Der fährt Porsche, lebt im Nobelviertel Gangnam und hüllt sich in eine Aura von neureichem Ennui, ist abgesehen davon aber eigentlich sehr sympathisch. Doch als er in Begleitung von Hae-Mi auf Jong-Sus Bauernhof zu Besuch kommt, zeigt Ben langsam ein anderes, beunruhigendes Gesicht. Denn eine heimliche Vorliebe von ihm ist es, alte Gewächshäuser anzuzünden.
Und dann verschwindet Hae-Mi plötzlich spurlos. Jong-Su beginnt, fieberhaft nach ihr zu suchen. Bis ein fürchterlicher Verdacht in ihm keimt...
Das südkoreanische Kino mischt die Filmwelt im Moment ordentlich auf. In Cannes hat Bong Joon-Ho mit seinem Film „Parasite“ gerade die Goldene Palme gewonnen. Dessen Zutaten ähneln erstaunlicherweise sehr denen von Lee Chang-Dongs Film „Burning“. Beide wechseln im Laufe der Handlung schleichend das Genre, beide weisen über die bloße Erzählung weit hinaus und funktionieren auch als kritische Metapher auf das kapitalistische Gesellschaftssystem.
In Burning kulminiert diese Kritik in einer denkwürdigen Szene, in der Hae-Mi zu den Klängen von Miles Davis „Générique“ nackt einen seltsamen Tanz vor der südoreanischen Flagge vollführt, während im Hintergrund gerade die Sonne untergeht. Es ist der Vorspann zum zweiten Teil dieses faszinierenden Films, der sich von der einfühlsamen Erzählung einer Menage-à-Trois klammheimlich zum packenden Thriller entwickelt. Am Ende brennt es dann tatsächlich. Doch es ist kein Gewächshaus.
Burning. Ab 7.6. im Kino. Johannes Rhomberg