Eigentlich hatte Ayka einen simplen Traum von einem besseren Leben. Sie wollte eine Nähwerkstatt in der russischen Hauptstadt aufmachen, um der Armut auf dem kirgisischen Land zu entfliehen. Doch die Realität sieht anders aus. Um die Miete für die Behausung aufzutreiben, die sie sich mit Dutzenden Migranten teilt, rennt sie von einem McJob zum nächsten.
Dabei muss sie nicht nur mit dem alltäglichen Rassismus klar kommen, der den kirgisischen Einwanderern entgegenschlägt; Nicht selten wird sie dabei auch noch über den Tisch gezogen. Solidarität hat unter den Migranten Seltenheitswert. Jeder ist dazu gezwungen, sich selbst der Nächste zu sein. Wer eine Arbeit einem anderen überlässt, bekommt sie meist nicht wieder, muss auch Ayka erfahren.
Als sie bei einem Tierarzt als Putzfrau unterkommt, scheint sich ihre Lage zu verbessern. Doch ihre Gläubiger verlieren langsam die Geduld...
Der russische Regisseur Sergey Dvortsevoy ist bereits mit seinem letzten Spielfilm „Tulpan“ aus dem Jahr 2008 in Cannes gelaufen. Damals noch in der Nebenschiene „Un Certain Regard“. „Ayka“ ist letztes Jahr nun bereits im Hauptbewerb um die Goldene Palme gestartet. Dvortsevoy verfolgt seine Protagonistin durchgehend mit der Handkamera. Zusammen mit der perfekt choreographierten Beiläufigkeit, mit der Ayka ein ums andere Mal die kalte Schulter gezeigt wird, erzeugt das einen intensiven, aber schwer zu ertragenden Sog. Selten ist der Existenzstress der ökonomisch Unterprivilegierten so schmerzhaft und hautnah im Film dargestellt worden. Dazu trägt auch ganz wesentlich Haupdarstellerin Samal Yeslyamova bei, die die Protagonistin mit beeindruckender Wahrhaftigkeit verkörpert. In Cannes wurde sie dafür verdientermaßen mit dem Preis für die beste Darstellerin ausgezeichnet.
Ayka. Ab 24.5. im Kino. Johannes Rhomberg