Die schmerzhafte Trennung von ihrem Mann ist so frisch wie die Wunde auf Sarahs Stirn, die er ihr zugefügt hat. Noch schwerer tut sich Sarah allerdings damit, Chris zu erklären, warum sie ohne ihn in die neue Gegend gezogen sind. Für die eigentlich enge Mutter-Sohn-Beziehung eine Belastung.
Nach der mysteriösen Nacht, in der Chris im Wald verschwunden und plötzlich wieder aufgetaucht ist, bemerkt Sarah immer wieder kleine Verhaltensänderungen bei ihm. Und dann ist da auch noch die psychisch labile Nachbarin, die sofort der Überzeugung ist, dass es sich bei dem Jungen nicht um Chris handelt. Bis schließlich auch Sarah glaubt, dass sie einen anderen Buben bei sich hat.
Der Wald ist in Horrorfilmen ein beliebtes Motiv für das Unterbewusste, Unkontrollierbare, zuletzt etwa in Robert Eggers The Witch. Und auch das Motiv des bösen Doppelgängers hat unlängst Jordan Peele in „Us“ aufgegriffen. Das Langfilmdebüt des irischen Regisseurs und Drehbuchautors Lee Cronin vereint die beiden Motive auf sehr effektive Weise. Die malerische Kulisse seiner Heimat wird zum Hintergrund für eine solide Horrorstory, die auf einer zweiten Ebene als Reise in das Unterbewusste seiner Protagonistin funktioniert. Cronin hat die Fäden dieser zwei Ebenen geschickt verwoben, so dass sich der Zuschauer bis zuletzt nicht sicher sein darf, wo die Realität anfängt und wo der verdrängte Konflikt von Sarah sie verzerrt. Ein spannender Horrorthriller, der den Magen nicht allzu stark belastet, dafür eine Urangst von Eltern aufs Korn nimmt: die Entfremdung vom eigenen Kind.
The Hole in the Ground. Ab 3.5. im Kino. Johannes Rhomberg