Da Influencertum vor allem eine Wissenschaft des Scheins ist, führen Yaya und Carl mitunter amüsante Kleinkriege um die Restaurant-Rechnung. Denn bezahlt wird man als Influencer ja vor allem mit Geschenken. Ein eben solches ist die Fahrt auf einer Luxusyacht, auf der sie mit staunenden Kinderaugen die infantilen Superreichen beobachten. Die sind sprichwörtlich schon so bis obenhin voll, dass ihnen ein etwas harter Wellengang den empfindlichen Magen verdirbt und den Kot um die Ohren fliegen lässt.
Dazwischen liefern sich der zynisch gewordene, marxistische Kapitän und der zynisch gewordene Kapitalist aus dem ehemals kommunistischen Land ein Trinkspiel mit Zitaten-Schlacht. Doch als Piraten die Yacht zum Sinken bringen, stranden die Überlebenden auf einer einsamen Insel. Dort müssen sie rasch feststellen, dass sie hier völlig lebensunfähig sind. Bis auf die Putzfrau, die von nun an zur Alleinherrscherin wird. Und die Vorteile der Herrschaft bald zu schätzen lernt.
„Triangle of Sadness“ heißt das neue Meisterwerk des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund. Bereits vor fünf Jahren hat er mit „The Square“ eine absurd-komische Satire vorgelegt, die sich über die Mechanismen der Kunstwelt lustig machte. In Triangle of Sadness führt er die stumpfe Oberflächlichkeit vor, in der die Superreichen sich einquartiert haben. Neben seinen herrlich lakonischen Dialogen und der subtilen Situationskomik ist es Östlunds Fähigkeit Bilder aus der Realität zu Metaphern für die Gegenwart zu erheben, die seine Filme zu besonderen Erlebnissen machen. Ein großartiges Beispiel dafür ist das titelgebende Triangle of Sadness, das Östlund aus der Schönheitschirurgie entliehen hat, wo es die Stelle auf der Stirn knapp über den Augen bezeichnet, die durch zu viele Sorgen Falten werfen kann.
Sein Cast ist wie immer großartig, mit dabei sind unter anderen Woody Harrelson und Sunnyi Melles. Bei den Filmfestspielen von Cannes hat Östlund wie bereits 2017 auch dieses Jahr die Goldene Palme gewonnen.
Triangle of Sadness. Ab 14.10. im Kino. Johannes Rhomberg