Schon die Auftaktsequenz des isländischen Genre-Bastards „Lamb“ ist beeindruckend komponiert. Aus der Ich-Perspektive sieht man eine Schafherde auseinander rennen, nur ein bedrohliches Atmen ist zu hören, das sich schließlich ein Schaf aussucht...
Gesprochen wird im ersten Drittel des Films kaum, Regisseur Valdimar Johannsson erweist sich aber als meisterhaft in der Kunst der Atmosphäre. Reaktionen, langsame Kamerafahrten, und der unheimliche Soundtrack von Thorarinn Gudnason sind seine Zutaten. Nur angedeutet wird das psychologische Drama von Ingvar und Maria.
Als Ingvars Bruder Petur auf Besuch kommt, wird die Lage komplizierter. Er ist nicht nur entsetzt von dem seltsamen Mischwesen, das sie so selbstverständlich als ihr eigenes Kind behandeln, sondern versucht auch die gemeinsame Vergangenheit mit Maria wieder aufzuwärmen. Doch so sehr sich das menschliche Alltagsdrama entfaltet, rückt gleichzeitig die scheinbare Schönheit der endlosen Natur als Bedrohung immer näher an den kleinen Bauernhof heran.
Das Debüt des isländischen Regisseurs Valdimar Johannsson ist eine spannende Mischung aus Arthouse-Psycho-Drama mit Trash-Horror-Elementen. Die ruhigen, oft langsam mitwandernden Kamera-Einstellungen flößen hier mehr Furcht ein, als das hinlänglich bekannte Trick-Vokabular des Horrorfilms mit seinen Jump Shots und sonstigen Stressfaktoren. Der pointiert eingesetzte Soundtrack begnügt sich damit Stimmung zu verdichten statt zu erzeugen.
Und das kleine Ensemble rund um die durch die Stieg-Larsson-Verfilmungen bekannt gewordene Noomi Rapace schafft es durch konzentriertes Spiel Horror und Drama gleichermaßen zu vermitteln. Beim Filmfestival in Cannes gab es dafür den Preis in der Schiene Un Certain Regard.
Lamb. Ab 6.1. im Kino Johannes Rhomberg