Geboren 1943 in der heiligen Stadt Jimma im Westen Äthiopiens, verschlägt es den jungen Mulatu früh in die weite Welt. Sein Weg führt ihn nach London, wo er Musik studiert, später nach New York und Boston an das renommierte Berklee College of Music. Dort wird ihm schnell klar: Die Klänge seiner Heimat und die Freiheit des Jazz gehören zusammen. Inspiriert von Größen wie Duke Ellington, John Coltrane und traditionellen äthiopischen Klangfarben entwickelt Astatke eine Musik, die es bis dahin nicht gab.
In den 1960er- und 70er-Jahren bringt er seine neue Mischung nach Addis Abeba, wo seine experimentellen Sounds auf Gehör stoßen: der Groove der Basslines, die mitreißenden Bläser und die sanften Vibraphon-Sounds – Musik, die sowohl tief in der Tradition verwurzelt als auch offen für moderne Einflüsse ist. Stücke wie Yègellé Tezeta oder Mulatu werden zu Klassikern - nicht nur in Äthiopien, sondern auf den Tanzflächen und Plattentellern rund um den Globus.
In seiner Heimat profiliert sich Astatke als Musikprofessor - die Lehre wird zur Herzensangelegenheit. Er gründet die African Jazz Village, eine Mischung aus Musikschule und Club. Als Radiomoderator und TV-Host schult er seine Landsleute in der eigenen reichen Musikgeschichte. Als Professor spricht er auch an Elite-Universitäten wie dem MIT oder Cambridge über die Schwierigkeiten einer eurozentristischen historischen Musikbetrachtung.
In den letzten Jahrzehnten erlebt Mulatu Astatke ein spätes, wohlverdientes Comeback - ironischerweise durch die amerikanische Unterhaltungsindustrie. Vor allem die Songs, die im Soundtrack des Films Broken Flowers von Jim Jarmusch zu hören sind, gehen um die Welt und werden gesampelt. Er arbeitet von da an mit jungen Jazz- und Elektronik-Künstlern zusammen und begeistert bei internationalen Festivals das Publikum. Dabei bleibt er immer seiner Vision treu: Musik als Brücke zwischen Kontinenten, Kulturen und Generationen.
Für uns ist Mulatu Astatke mehr als nur ein Musiker - er ist ein stilprägender Innovator, ein Botschafter der äthiopischen Musik und ein Beweis dafür, dass guter Groove keine Grenzen kennt.