In nur zwölf Wochen muss Mankiewicz das Drehbuch fertig haben. Damit diese Übung gelingen möge, hat Produzent und Hauptdarsteller Orson Welles sämtliche Ablenkungen und vor allem sämtlichen Alkohol aus der Ranch von Mankiewicz entfernen lassen. Das hält der überzeugte Alkoholiker selbstverständlich keine Sekunde durch – zum Glück. Denn mit Alkohol schreibt es sich ohnehin viel besser.
Schlechter macht der Whiskey aber mitunter das Auftreten des gesellschaftlich an sich durchaus gewandten Mankiewicz. Bei Zeitungsmagnat Hearst ist er durch eine betrunkene Tirade in Ungnade gefallen. Was dem mit den Sozialisten sympathisierenden Intellektuellen Mankiewicz aber eigentlich recht wurscht ist. Denn seine Solidarität gilt im Grunde den von der Welwirtschaftskrise gebeutelten Arbeitern. Und dem in der High Society gefürchteten, sozialistischen Schrifsteller Upton Sinclair, der zu dieser Zeit für das Gouverneurs-Amt in Kalifornien kandidiert.
Wenn man sich die Filme von Regisseur David Fincher vor Augen führt, stellt man fest, dass er einer der wenigen seines Fachs ist, der bewusst keine wiedererkennbare Handschrift entwickelt. Das fängt damit an, dass er immer wieder das Genre wechselt. Vom Hochspannungsthriller wie in „Zodiac“ über das Biopic „The Social Network“ bis zur Romanverfilmung „Der seltsame Fall des Benjamin Button“; seine Stilmittel passt er dabei immer aufs Neue an.
Sein neuer Film „Mank“ ist zwar auch Biopic, vor allem ist er aber ein Hang-Out-Movie mit seiner unglaublich charismatischen Hauptfigur Herman Mankiewicz. Der zu Extremen neigende Drehbuchautor hat für das Skript zu Orson Welles‘ Kultfilm Citizen Kane 1941 den Oskar erhalten. Gespielt wird er in „Mank“ von Charakterschauspieler Gary Oldman, der für diese Rolle ausnahmsweise die in Hollywood gern gepflegte Unart der körperlichen Metamorphose auf sich genommen hat. Sprich: er hat sich einen Wanst angefressen.
Gary Oldmans großartige Darstellung ist aber nur eines der Highlights in diesem atmosphärisch dichten, mitreißenden Epochenfilm, mit dem David Fincher wieder einmal seine Wandlungsfähigkeit als Regisseur unter Beweis stellt.
Mank. Zu sehen bei Netflix. Johannes Rhomberg