Der Mittzwanziger Karl ist im Vorstand einer europaweiten, politischen Jugendbewegung. Als er Maxi kennenlernt, lädt er sie auf eine als Camp getarnte Versammlung nach Prag ein. Dort lernt sie lauter offene, glückliche Menschen kennen, die alle an gemeinsames Ziel glauben. Eine Erfahrung, die die traumatisierte Maxi nur allzu sehr braucht. Da fällt ihr auch kaum auf, dass die Kampagne, die gerade produziert wird, mit mehr als fragwürdigen Mitteln arbeitet.
Maxi und der attraktive und scheinbar einfühlsame Karl kommen sich unterdessen immer näher. Und dabei entgehen ihr auch die kleinen Anzeichen dafür, dass sich hinter der Fassade eine narzisstisch zutiefst gestörte Persönlichkeit verbirgt, die nicht nur dunkle Geheimnisse, sondern auch einen völlig wahnsinnigen Masterplan verheimlicht.
Es gibt Kräfte, die ein großes Interesse daran haben, die Gesellschaft zu spalten, weil sie daraus politisches Kapital schlagen können. Und wenige Bewegungen haben derzeit ein so großes Potential dafür, wie die rechten Jugendbewegungen. Regisseur Christian Schwochow macht mit seinem Film „Je suis Karl“ auf diese reale Gefahr aufmerksam. Und diese Gefahr liegt vor allem darin begründet, dass diese Bewegungen nicht mehr die Dosenbier trinkenden und Springerstiefel tragenden Angry Young Men anziehen, sondern subtiler und verführerischer daherkommen, wie Schwochow in seiner Recherche für den Film festgestell hat.
Schwochow zeichnet das Bild einer Bewegung, die hinter all dem hippen Getue und den modernen Beats einen todessehnsüchtigen, faschistischen Kern offenbart, der sich nur durch den Wunsch nach der Zerstörung des Anderen selbst legitimiert. Dass Schwochow versucht, das große Ganze zu erfassen, geht stellenweise auf Kosten der Glaubwürdigkeit der einzelnen Charaktere. Und trotzdem beeindruckt der Film nachhaltig mit seiner klaren Warnung, dass man solche Bewegungen auf keinen Fall unterschätzen sollte.
Je suis Karl. Ab 16.9. im Kino. Johannes Rhomberg