CLUB KULTUR | Folge #139 | DER ARTIKEL ZUM PODCAST
„Wir kommen wieder zurück!“
Wien, 24. Juli 2025
clubkultur_podcast auf Instagram #follow
AWARENESS-PFLICHT
Es wird als großer Fortschritt gefeiert: Ab 2026 müssen alle Clubs und Veranstalter mit mehr als 300 Gästen ein sogenanntes „Awarenesskonzept“ vorlegen – samt geschultem Team, versteht sich. Viele hatten das ohnehin bereits, manche haben es inzwischen wieder eingeschlafen lassen, andere müssen jetzt erstmals Zeit und Geld investieren. Befürworter sehen darin einen längst überfälligen Schritt zu mehr Sicherheit und Vertrauen. Kritiker hingegen warnen: Zu viel Bürokratie, zu wenig Feingefühl – und ein Klima, in dem Kontrolle und Denunziation überwiegen könnten. Der Grat zwischen Fürsorge und Überregulierung bleibt schmal. Warten wir’s ab. Übrigens: Es wäre auch nicht verkehrt, wenn ähnliche Konzepte künftig auf jenen Festen greifen würden, wo das Faustrecht noch immer beliebter ist als die Tanzfläche.
CLUBFRIEDHOF
Lange konnten wir stolz behaupten: Wien ist verschont geblieben. Während europaweit Clubs schließen, hielt man hierzulande tapfer durch. Doch nun hat es auch den Ponyhof erwischt – und das auf unbestimmte Zeit. Das Führungsteam hatte sich ohnehin gerade verändert: Laurent Koepp zieht es zurück nach Luxemburg. Wirtschaftlich ging es sich, wie man so schön sagt, „einfach nimmer aus“.
Auch sonst kein Grund zur Euphorie: Fast alle Clubs beklagen Umsatzrückgänge von 10 bis 20 Prozent. Die Jugend driftet ab – zu bereist erwähnten Matcha-Latte-Raves, Waschsalon-Partys oder Döner-Flashmobs. Oder zu Gratis-Formaten, wie etwa dem Rave am Mittwoch im Werk, das boomt, wie nie davor. Manche haben Glück – wie die Praterstraße, die sich mit starkem Tagesgeschäft durch ein gutes Gastro-Team stabilisiert.
GESCHMACKSVERLUST & TEUERUNG
Wenn nichts mehr hilft, hilft vielleicht noch belangloser Kommerz. Das nennt sich dann „Partymusik“ oder – in besonders geschmackssicheren Momenten – „Stimmungshouse“. Für einige bedeutet das: Fluchtreflex. Ob das nun die Massen zurückbringt, bleibt fraglich. Fakt ist: Der schnelle Techno-Hype von 2022 flaut ab, viele versuchen sich neu zu positionieren und wieder ein wenig auf älteres Publikum zu setzten, das jahrelang links liegen gelassen wurde. Und leider hört man als Dj wieder öfter den Satz: „Kannst du nicht mal was spielen, wo man tanzen kann?“ – während man bereits tanzt.Und dann ist da noch der Preis. Feiern ist teuer geworden. Ibiza war schon immer exklusiv, jetzt ist es nur noch absurd. Kroatien hat preislich Italien überholt. Und auch hierzulande explodieren die Kosten. Kurz vor Redaktionsschluss die nächste bittere Meldung: Das Lido Festival in Linz wird 2026 keine Fortsetzung finden. Offenbar hat Österreich etwas am Feiern verlernt.
GLEIS 19 IN DER SACKGASSE
Auch aus Döbling nichts Gutes: Gleis 19 musste zuletzt mehrere Veranstaltungen wegen Lärmbeschwerden und Magistratsauflagen absagen. Die Musik wurde auf rund 70 Dezibel gedrosselt – das entspricht etwa einer Zahnarztpraxis mit Wartezimmer-Spotify. Wo genau der Fehler lag, bleibt unklar. War es eine Afterhour, die die Anrainer auf die Barrikaden trieb. War die Bezirksvorstehung überfordert oder einfach nur schlecht informiert? War die Anlage doch zu mächtig oder hat sie der Magistratsabteilung einfach nicht gefallen? Aktuell darf dort jedenfalls nur noch geflüstert werden – zumindest musikalisch. Hinter den Kulissen wird heftig verhandelt. Wir drücken die Daumen und hoffen auf ein Happy End im Bassbereich.
RUDINA BEI RUDI
Für viele DJs ist es ein Ritterschlag: Einmal bei Radio Rudina spielen – und zusehen, wie das eigene Set viral geht, während der Follower-Count explodiert. Dabei ist Rudina mehr als ein Stream. Es ist ein pulsierendes Kulturradio, mit großer Liebe zur Musik – getragen von einem Team, das Kuratierung ernst nimmt und Community lebt. Ob’s irgendwann auch auf UKW zu hören ist? Man wird sehen. Die Betreiber jedenfalls waren diesmal bei mir zu Gast – und wie immer gilt: Mehr hört ihr, wenn ihr hört.
Die nächste Ausgabe gibt's in zwei Wochen am 07. August 2025.
Club Kultur erscheint jeden zweiten Donnerstag auf superfly.fm und ist kostenlos über alle Devices wie iPhone, Android, Desktop, Tablet oder Smart Speaker hörbar. Abonniere jetzt Club Kultur über deine Lieblingsapp wie Google Podcasts, Apple Podcasts oder Spotify! |