CLUB KULTUR | Folge #120 | DER ARTIKEL ZUM PODCAST
„Er war kein Urgestein"
Wien, 31. Oktober 2024
AUSLADEND
Für großes Aufsehen sorgte der ORF-Beitrag über Migration, der das FLEX thematisierte. Gezeigt wurden Szenen, in denen junge Männer mit Migrationshintergrund auf Sicherheitskräfte losgehen, Gäste bedrohen und bei Ankunft der Polizei massenweise fliehen. Betreiber Thomas Eller reagierte darauf, indem er der Stadt und der Exekutive eine Mitschuld zuschrieb – eine Einschätzung, die manche als realitätsfern bezeichnen. Kein Club wurde in den letzten Jahren so kontinuierlich gegen die Wand gefahren wie das FLEX. Trotz diverser Imagepolitur Versuche mangelt es hier an Innovationsgeist. Wird Eller, der sich sonst eher von der Presse fernhält, das Zepter abgeben – oder bleibt er weiter allein zu Haus, bis es zu spät ist?
EINLADEND
Echte Anziehungskraft üben derzeit nur wenige Formate aus. Die Leute wählen gezielt größere Off-Events aus und meiden Clubs zunehmend. So war es auch letzte Woche, als Tattu Tatta Glub und Radio Rudina zur „Noche de La Lugner“ einluden: Das Event überstrahlte die restliche Clubszene; die übrigen Locations waren eher durchschnittlich besucht. Ähnlich ist es, wenn KSOT ruft. Gründer Bennie Fleischhacker hat mittlerweile den Wert seiner Marke auch für die Bundesländer entdeckt und tourt dieses Jahr zwischen Attersee, Salzburg, Linz und Graz. Auch in Wien ist man bald wieder vertreten, allerdings erst zu...
HALLOWEEN
Inzwischen der stärkste Ausgehtag des Jahres in Wien. Neben regulären Club-Events gibt es dieses Jahr auch einige Off-Location-Veranstaltungen: KSOT in der Ottakringer Brauerei, das neue Kollektiv VOID in den Werkshallen und Tasteless VIE in der Sektkellerei Kattus. Solche Events hätten früher „Clubbings“ geheißen; nun sind sie amtliche Raves mit kräftigem Soundsystem. Es bleibt zu hoffen, dass dies keine einmaligen Aktionen bleiben. Auch ein neues Highlight zeichnet sich ab: Das alte Funkhaus wird bald zur Super-Location.
EINBRUCH
Nach der Kürbissaison taucht die Szene in das neblige Novemberloch ab. Verbunden mit den anhaltenden Krisen und Rückgängen könnte das zu einer explosiven Mischung werden. Der Sommer voller Leichtigkeit ist vorbei, und viele etablierte Locations klagen über rückläufige Besucherzahlen. Zu lange glaubte man, dass Eintritt zu verlangen und die Anlage hochzudrehen ausreichen würde. Das mag für exklusive Gucci & Prada Clubs funktionieren, doch der einstige Underground kann so nicht bestehen. Die Pratersauna stagniert, das Jolly Roger kämpft sich durch, und das O kann auch nicht immer Superstars buchen. Welche Alternativen bleiben? Ein Weg könnte sein, sich von der Fixierung auf internationale Acts zu lösen – es geht auch ohne.
REISSERISCH
Eine, die das verstanden hat, ist Sabrina Geissler alias Purrdition. 2023 leitete sie zusammen mit Frederika Ferkova die Kampagne „technometoo“, die Übergriffe und Grenzüberschreitungen im Nachtleben thematisierte. Ziel war es, mehr Bewusstsein und eine neue Sensibilität zu schaffen. Doch es kam auch zu Kontroversen mit bekannten Vertretern der Szene, die ihre Erwähnung in diesem Kontext nicht nachvollziehen konnten. Mittlerweile hat Geissler das Kollektiv „hausgemacht“ verlassen und ist auf neuen Wegen.
Doch ihr Name tauchte kürzlich im Zusammenhang mit der Verurteilung eines DJs wegen Vergewaltigung im Oktober wieder auf. Denn es berichteten Dutzende Betroffene von missbräuchlichem Verhalten von männlichen Clubbesitzern, Veranstaltern und DJs. Ein Name, der dabei fiel, war der des nun verurteilten 29-Jährigen. Der Täter zeigte sich schließlich geständig und arbeitet nun daran, sich durch Therapie wieder zu finden. Auch wenn er in der Szene nicht besonders bekannt war, ändert dies nichts an der Schwere der Tat. Die Medien schenkten dem Vorfall viel Aufmerksamkeit; Storys über „Sex, Drugs und Techno“ kursierten und verstärkten ein wildes Bild vom Nachtleben.
PURRDITION
Zu diesem Zeitpunkt war Geissler jedoch längst nicht mehr in #technometoo involviert. Sie widmet sich inzwischen ihrer eigenen Partyreihe „Purradox“ in der Forelle, betreibt ihr Label fempire.records und konzentriert sich auf ihre eigenen musikalischen Projekte. Grund genug für ein spannendes Gespräch.
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