Miss Novak beeindruckt Eltern und die Direktorin nicht nur mit der sanftmütigen Art, mit der sie Verzicht predigt, sondern auch mit der eigenen Tee-Marke, die dabei helfen soll. Weniger zu essen, ist die Lösung für sämtliche Weltprobleme. Würden nur alle so denken, stünde der Weltfriede kurz vor der Tür, und der Klimawandel wäre auch erledigt. Und leistungsfähiger werde man dadurch, auch meint zumindest Miss Novak.
Verzicht ist also nicht nur gut fürs Wohlbefinden, sondern geradezu eine moralische Verpflichtung. Nur der Stipendiat aus der Arbeiterklasse ist skeptisch. Immerhin kocht zu Hause auch die Mama mit viel Liebe, statt die Privat-Köchin mit exotischen Zutaten. Aber die unerbittlich nachsichtige Miss Novak knackt sie alle. Und die vor allem mit sich selbst beschäftigten Eltern realisieren als Allerletztes, dass ihre Kinder mit Vollgas auf eine Katastrophe zusteuern.
Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner nimmt sich in ihrem neuen Film „Club Zero“ gleich einer ganzen Reihe von Themen an. Im Zentrum steht dabei Verführbarkeit von Jugendlichen zu extremem Verhalten gerade in gesellschaftlich herausfordernden Zeiten, die dem legitimen Wunsch gegenübergestellt wird, einen Unterschied in der Welt zu machen. Die Elterngeneration zeigt sie als beinahe karikaturhafte Ursache des Fiaskos, die in ihrer Selbstsucht ihre Sprösslinge sich selbst überlassen, und dadurch genauso viel Schaden verursachen wie der Klimawandel.
Die inszenatorische Kühle ist zu Beginn vielleicht etwas befremdlich, entwickelt dann aber einen ganz eigenen Sog. Außerdem kommt vor ihrem Hintergrund der subtile Humor umso besser zur Geltung. Großartig auch der eckige, analoge Soundtrack von Attwenger-Mitglied Markus Binder. In Cannes lief der Film im Hauptbewerb um die Goldene Palme.
Club Zero. Ab 17.11. im Kino. Johannes Rhomberg