Es ist eine unwahrscheinliche Karriere, die Cohen Ende der 60-er im Alter von 30 Jahren anpeilt. Bis dahin hatte er sich als Schriftsteller bereits einen Namen gemacht. Nun aber zieht es ihn auf die Bühne, und das obwohl seine Stimme nicht wirklich dafür gemacht scheint. Doch die Strahlkraft seiner Verse verhilft ihm zum Erfolg, unter Musikerkollegen genießt er bald Kultstatus.
Die Fallstricke, die das Musikbusiness für den Dichter bereit hält, sind jedoch mannigfaltig. Als statt der dezenten Arrangements von John Lissauer, die die Texte Cohens glänzen lassen, Pop-Profi Phil Spector und seine Wall of Sound für Cohens Album „Death of a Ladies‘ Man“ engagiert werden, kommt zwar ein gutes Album dabei raus; aber kein Cohen-Album.
Cohen kehrt zu Lissauer zurück. Doch das Album „Various Positions“ gerät zum Fiasko. Columbia Records bringt es in den USA erst gar nicht heraus. Darauf zu finden ist neben „Dance me to the End of Love“ auch sein wohl bekanntester Song „Hallelujah“. An ihm hatte Cohen sieben Jahre lang gefeilt, über 100 Verse dafür geschrieben und in zermürbenden Stunden poliert. Nichts davon wäre groß bemerkt worden, hätte Kollege Bob Dylan den Song nicht aufgegriffen, und bei seinen Gigs des Öfteren gecovert. Von dort springt er über zu John Cale, und von ihm landet er bei Jeff Buckley, der dem Song seine ikonischste Version verpasst und ihm auch stimmlich das gibt, was er verdient.
Dort hätte die Geschichte des Songs auch gerne vorbei sein können, doch die Stärke der Doku von Daniel Geller und Dayna Goldfine besteht darin, dass sie der Exegese von „Hallelujah“ sehr viel Raum geben, ohne Cohens Biographie zu kurz kommen zu lassen. Mit der Inklusion in den Soundtrack des Animations-Klassikers „Shrek“ erlebt der Song eine zombiehafte Wiederauferstehung, die ganz nebenbei eindrücklich die Vulgarisierung der Pop-Kultur im Zuge des Aufkommens der Casting-Shows demonstriert. Leonard Cohen war’s egal. Für ihn war der kommerzielle Erfolg des Songs stille Genugtuung gegenüber Columbia.
Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a song. Ab 18.11. im Kino. Johannes Rhomberg